Blog Designwissenschaften

Alltagswissen als Zugang zur Kontingenz

Veröffentlicht in: Working Papers in Art and Design 4
ISSN 1466-4917

Sozialwissenschaftler verzeichnen eine immer weitergehende Differenzierung der Gesellschaft. Die prinzipielle Offenheit und Ungewissheit menschlicher Lebenserfahrungen (die sogenannte Kontingenz) führt vor diesem Hintergrund zu einem erheblichen Komplexitätszuwachs beim Erleben und Beschreiben von gesellschaftlichen Zusammenhängen. Für die Relationen mit Artefakten trifft dies sogar in besonderem Maße zu. Die damit prinzipiell unbegrenzten Deutungs- bzw. Interpretationsmöglichkeiten bei der Rezeption von Produkten stellen neue Anforderungen an die Theorie und Praxis der Produktgestaltung.

Die von Luhmann formulierte soziologische Systemtheorie (Luhmann 1987) bietet die Möglichkeit, die komplexen Wechselbeziehungen der verschiedenen Akteure des Systems – bei der Kommunikation mit und über Produkte – abzubilden. Darüber hinaus stellt sie mit der Operation der Beobachtung eine geeignete Methodik zu Verfügung, um kontingentes Handeln zu interpretieren. Mit dieser kann beispielsweise über die Analyse von Alltagswissen ein Zugang zum Möglichkeitshorizont produktbezogener Erfahrungen entwickelt werden. Der in den »Working Papers« verfasste Text gibt zunächst einen kurzen Einstieg in die systemtheoretischen Grundlagen. Die anschließende Begriffsklärung eröffnet den Bezugsrahmen zur Analyse von Alltagswissen und Kontingenz – nämlich die Beobachtung 2. Ordnung. Die Beispiele am Ende des Textes stellen eine Verbindung zur gestalterischen Praxis her und zeigen gleichzeitig den Bedarf an theoretischen Grundlagen. Denn durch die Erforschung von Alltagswissen und Kontingenz kann ein erweitertes Verständnis bei der Rezeption von Produkten durch unterschiedliche Kunden- und Nutzergruppen gewonnen werden.

Literatur:
Luhmann, Niklas (1987) Soziale Systeme – Grundriss einer allgemeinen Theorie. Frankfurt am Main.

© Thilo Schwer 2006

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Datum: Freitag, 3. April 2009 15:12
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