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DIY in Jugendkulturen: Vom kopierten Fanzine zum Steampunk-PC

Veröffentlicht in: »inter-cool 3.0: Jugend Bild Medien. Ein Kompendium zur aktuellen Jugendkulturforschung.« (2010) herausgegeben von Birgit Richard und Heinz-Hermann Krüger im Fink Verlag

Auszug:
Spätestens mit Einführung des Sony Walkman in den frühen 1980er Jahren haben mobile elektronische Geräte einen festen Platz in Jugendkulturen erobert. Egal ob im Schwimmbad, der Bahn oder in öffentlichen Warteräumen: Jugendliche mit Kopfhörern sind seit dieser Zeit quasi omnipräsent. Das kleine Abspielgerät und seine elektronischen Nachfahren sind zum Synonym für und jugendliche Musikkultur geworden.

Doch der Walkman war lediglich der Beginn einer ganzen Reihe jugendspezifischer, handlicher Elektronikprodukte. Jugendliche führen heute völlig selbstverständlich einen umfangreichen Gerätepark mit sich: Handy, Spielekonsole, MP3-Player, teilweise eine Foto- bzw. Videokamera und ein Notebook bzw. Netbook. Darüber hinaus findet man in Jugendzimmern weitere stationäre Geräte wie PC, Spielkonsole, Fernsehgerät und Hifi-Anlage. Da es sich bei diesen Geräten um hochgradig standardisierte, global erhältliche Produkte handelt, liegt eine individuelle und subkulturell spezifische Veränderung der Geräte nahe. Die einfachste Form der Aneignung digitaler Produkte besteht in der Auswahl eines besonderen Hintergrundbildes oder anderer softwareseitiger Anpassungen wie spezifischer Icons oder Sounds zum Beispiel beim Empfangen einer E-Mail oder SMS. Diese Anpassungen treten jedoch meist nur bei der Bedienung in Erscheinung und sind darüber hinaus nur für wenige Personen sichtbar oder erfahrbar. Darum werden häufig Accessoires wie schmückende Anhänger oder Sticker verwendet, um die Geräte offenkundig aus der Uniformität der Massenproduktion herauszulösen und um den eigenen Style zu inszenieren oder auf Gruppenzugehörigkeiten zu verweisen. Eine physische, handwerkliche Veränderung der Industrieprodukte und deren Accessoires stellt dabei die anspruchsvollste Möglichkeit dar, um die eigene Kreativität auszuleben und subkulturelle Stilelemente zu integrieren.

So sind klassische Do-it-yourself-Praktiken (DIY) und deren Ästhetik in den Jugendkulturen weit verbreitet. Dies hat mehrere Gründe: Zum einen ist das improvisierende Basteln aus der Kindheit noch sehr nahe und präsent. Zum anderen fehlen im Teenager-Alter häufig die finanziellen Mittel, um eigenständige, ungewöhnliche oder individualisierte Produkte zu kaufen oder herstellen zu lassen. DIY-Produkte entstehen aber nicht nur aus dem Mangel heraus. Sie bieten vielmehr eine sehr einfache, direkte und prägnante Möglichkeit, um sich gegen die Erwachsenenwelt und deren Massenkultur abzugrenzen. Aus diesem Grund haben verschiedene Jugendszenen Do-it-yourself fest in ihren ideologischen und ästhetischen Kanon aufgenommen.
(…)

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Birgit Richard im web

© Thilo Schwer 2010

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Autor:
Datum: Donnerstag, 7. Oktober 2010 13:00
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